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Das Leben mit einem chronisch kranken Pferd

In meinem heutigen Kurzbericht möchte ich Menschen mit chronisch kranken Pferden Mut machen und etwas Einsicht in den Alltag mit meinen kranken Pferden geben.

Sich für ein Leben mit chronisch kranken Pferden zu entscheiden, bedeutet nicht zwangsläufig, dass man sich persönlich einschränkt. Die Tiere sind zwar in den meisten Fällen unheilbar krank, aber es gibt etliche Möglichkeiten, mit diesen Tieren ein mindestens genauso abwechslungsreiches Miteinander zu führen wie mit einem gesunden Pferd. Man muss nur kreativ sein und den Mut haben, etwas umzudenken. Natürlich kommt es immer auf die Ausgangsdiagnose an. Voraussetzung ist natürlich ein Funken gesunder Menschenverstand und Rücksprache mit dem Tierarzt, was genau möglich ist, ohne dem Tier Schmerzen oder andere Probleme zu bereiten.

Meistens merke ich schon bei der Begrüßung in der Box oder auf der Weide, wie es meinen Patienten so geht, spätestens weiß ich aber am Putzplatz wie das Befinden wirklich ist. Nicht selten plane ich Dressur zu reiten und merke aber ganz deutlich beim Putzen oder Satteln, dass es meiner Ponydame nicht so gut geht und entscheide mich dann spontan für lockere Bodenarbeit oder einen ausgedehnten Spaziergang, auf dem ich auch gerne ein paar Tricks oder einfache Lektionen abfrage. Hauptsache der Kopf wird beschäftigt und dem Pony wird nicht langweilig – trotz körperlicher Beschwerden. Gut geeignet sind dafür Horsemanship Lektionen, das macht meinem Pony richtig Spaß und man kann es eigentlich überall machen und braucht nicht zwingend die Halle dafür. Das geht auch auf einem Spaziergang!

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Man muss also flexibel sein und mit der Zeit lernen, sein Pferd zu lesen und zu verstehen. Diese Flexibilität ist natürlich für ambitionierte Turnierreiter schwierig umzusetzen, so dass das chronisch kranke Turnierpferd häufig auf der Rentnerwiese endet. Ich verteufele diese Entscheidung auf keinen Fall und erwische mich manchmal selber mit dem Gedanken: meine beiden Damen, idyllisch auf einer Weide. Ich bin allerdings noch nicht so weit und sage ganz ehrlich, dass jeder diesen Schritt für sich selbst entscheiden muss. Wegstellen hat in meinen Augen auch nichts mit Abschieben zu tun, man entscheidet letztendlich nicht nur für sich, sondern auch für das Pferd. Was bringt es einem Tag für Tag von dem Pferd Leistung zu verlangen, wenn es körperlich nicht mehr dazu in der Lage ist oder es früher oder später doch Schmerzen bei der Arbeit hat?

Bis es soweit ist, hoffe ich natürlich ständig auf ein gleichbleibendes oder besseres Wohlbefinden. Es gibt täglich diverses Zusatzfutter, welches den Alltag meiner Stuten erleichtert. Dies ist natürlich auch eine Kostenfrage, aber so lang es den beiden gut dabei geht, mache ich es gerne!

Wer kennt es nicht? Die verzweifelten Gesichter, weil das Pferd mal wieder lahm geht, hustet oder kolikt. Niemand weiß genau, was dem Tier fehlt und man möchte doch einfach nur reiten? Es ist ein ziemlich langer Prozess, bis man sich mit dem Schicksal seines Tieres auseinander gesetzt und abgefunden hat. Ich kenne einige Reiter, die sich damit nicht abfinden konnten und ihr Pferd in gute Hände verkauft oder abgegeben haben und sich nach einem neuen Reitpferd umgesehen haben. Und dann gibt es Menschen wie mich, die sich nach einem gesunden, zweiten Pferd umsehen und kurze Zeit später mit zwei kranken Pferden da stehen. Leider geht die Lösung mit dem zweiten Pferd also nicht immer auf und muss gut überdacht werden, auch wenn vielleicht nicht jeder Reiter so viel Pech haben muss wie ich. Es ist auf jeden Fall ein Aspekt, den man vor der Anschaffung eines zweiten Pferdes nicht vergessen darf!

Ich kann für mich allerdings sagen, dass ich das Gefühl habe, meine Pferde sind dankbar für meine Entscheidung. Ich habe eine sehr enge Bindung zu beiden Pferden aufgebaut, stundenlanges Schrittführen, versorgen, einige Stunden schweigsames in der Box sitzen, alternatives Ablenkungsprogramm usw. haben sicher dazu beigetragen, dass ich die beiden mit anderen Augen sehen kann. Eben als Pferde, welche auch ein ausgelassenes und glückliches Leben führen können, ohne ein Turnier- oder Dressurpferd zu sein.

Vielleicht gibt es unter euch Lesern ja auch Besitzer von kranken Pferden und ihr mögt mir eure Erfahrungen dazu mitteilen? Habt ihr die Pferde auf einer Rentnerwiese oder leicht in Arbeit? Wie vereinbart ihr das mit eurer Reitlust und dem Drumherum?

 

Kategorie: Allgemein, Gesundheit, Pferde

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29 Jahre, Kommunikationsdesignerin Schwerpunkt Editorial und Fotografie, Frischluftfanatiker, am liebsten in Begleitung ihrer Fellnasen.

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