Allgemein, Dressur, Püppi, Reiten
Schreibe einen Kommentar

Wie ist das eigentlich mit einem Reitlehrer als Vater?

Ich werde häufig gefragt, wie das eigentlich so ist – wenn der eigene Vater gleichzeitig auch der Reitlehrer ist.

Als erstes muss ich dazu sagen: Ich kenne es ja nicht anders! Seitdem ich mich erinnern kann, war mein Vater Reitlehrer, wir hatten eigene Pferde und so lange ich mich erinnern kann war für mich klar: ich wollte mit in den Stall und reiten. Ich habe von Anfang an bei ihm auf unseren Pferden geritten, also nicht das Reiten auf Ponys oder Schulpferden in der Abteilung gelernt. Am Anfang nahm mein Vater mich an die Longe, später durfte ich dann unsere eigenen Pferde, Berittpferde, die ich mitreiten durfte, und die Ponys einer Freundin reiten, ein bunter Mix! Für mich gab es nichts schöneres, als jeden Tag nach der Schule mit in den Stall zu fahren und ich habe sicherlich sehr davon profitiert, so viele verschiedene Pferde reiten zu können. Außerdem habe ich natürlich auch einfach viel zugeschaut und dadurch ebenso viel gelernt.

Ich wurde ziemlich schnell sehr ehrgeizig und wollte unbedingt Turniere reiten, das hat mein Vater auch immer unterstützt und fuhr mit mir los – 10 jährig ritt ich meinen ersten Reiterwettbewerb. Natürlich nicht mit einem strubbeligen Pony, sondern mit einem S-Dressur ausgebildeten Pferd  – ihr könnt euch vorstellen, dass die anderen Eltern das überaus unfair fanden :-D. Auch heute noch fahre ich sehr ungern ohne meinen Vater aufs Turnier, wir sind einfach ein sehr eingespieltes Team und es macht am allermeisten Spaß, wenn er dabei ist.

Im Laufe der Zeit haben sich natürlich auch einige Dinge dadurch verändert, dass ich erwachsen geworden bin. Früher hatte mein Vater Pferde, die ich mitgeritten bin, heute habe ich ein Pferd und er reitet mit, bzw. hat Püppi ausgebildet (wobei er mehr reitet als ich, aber das hat mit meiner fehlenden Zeit zu tun). Außerdem bin ich sicherlich selbstbewusster geworden und habe in manchen Dingen auch meine eigene Meinung entwickelt und auch Sichtweisen, die manchmal von denen meines Vaters abweichen.

Zu den Dingen, die aus meiner Sicht wichtig sind, wenn der Vater der Reitlehrer ist, gehören:

  • Wir haben das gleiche Grundverständnis. Würde mein Vater Rollkur und Ständerhaltung betreiben, während ich Freiheitsdressur und Offenstallhaltung für das einzig Wahre hielte, würden wir wohl keinen gemeinsamen Konsens finden. Unsere Einstellung gegenüber den Pferden und unser Reitstil passen schon sehr gut zusammen, alles andere würde wohl dauerhaft zu Konflikten führen
  • Diskussionen sind ok, aber nicht im Unterricht. Wir streiten uns zum Glück recht selten, aber wenn wir uns streiten, dann weil wir im Unterricht in eine Diskussion geraten, unterschiedlicher Meinung sind und es dann kracht. Also versuchen wir das zu vermeiden, und diskutieren lieber „in aller Ruhe“ nach dem Unterricht.
  • Ist dein Reitlehrer gleichzeitig dein Vater, so ist er automatisch strenger. Das ist okay so, er will ja nur das Beste :-p. Aber es ist tatsächlich so, er ist schon deutlich strenger mit mir als mit seinen Kunden. Dafür freut er sich aber auch am allermeisten mit, wenn wir zum Beispiel eine gute Prüfung geritten sind. Es ist eben alles ein bisschen emotionaler als bei einem „normalen“ Kunden.
  • Wenn wir uns mal streiten, dann richtig. Dann reden wir auch tagelang nicht miteinander und meistens kriegt die ganze Familie das mit. Und schüttelt nur den Kopf über uns. Zum Glück passiert das nicht so oft 🙂
  • Ab und zu ist es gut, über den Tellerrand hinauszuschauen. Ich schätze den Unterricht meines Vaters sehr und kann jedes Pferd, was er ausbildet, super nachreiten. Ich habe nie den Wunsch verspürt, einen anderen Reitlehrer zu haben. Aber ab und zu ist es trotzdem super, mal einen anderen Blickwinkel zu bekommen, z.B. bei einem Lehrgang. Mein Vater findet das selber auch interessant zu sehen, denn es bringt auch wieder neue Aspekte in unser Training ein.

Zusammenfassend kann ich auf die Frage, wie es eigentlich so ist, wenn der Reitlehrer der eigene Vater ist, nur sagen: Ich finde es super! Es hat ganz viele Vorteile und ist auch einfach schön, wenn man innerhalb der Familie ein gemeinsames Hobby hat. Die Reiterei verbindet meinen Vater und mich sehr und ich könnte mir gar nicht vorstellen, das alles ohne ihn zu machen.

 

Wir freuen uns immer über eure Kommentare :-)