Viele kennen bestimmt das „Ich freu mich so“-Gefühl, wenn man bei WhatsApp allen möglichen Freunden von tollen Erlebnissen und Erfolgen berichtet und sie dann auch noch mit den schönsten Bildern bombardiert. Einfach weil man sich so freut. Über Turniererfolge, tolle Fotos, Trainingsfortschritte oder einfach so. So ein Gefühl hatte ich letztes Wochenende und jetzt, wo ich die Fotos sehe, eigentlich immer noch. So sehr, dass ich es hier mit euch teilen möchte.
Ich war vergangenes Wochenende auf einem Turnier, wir sind in einer A-Vielseitigkeit gestartet. Hier konnten wir schon öfter gut abschneiden und aufgrund meiner Erfolge im letzten Jahr war ich in der „guten“ Abteilung. In der Vielseitigkeit ist es meistens so, dass auch die A-Prüfungen offen sind für Reiter mit LK 1-6; so kann es auch mal vorkommen, dass man mit LK V6 gegen Olympiateilnehmer reitet. Zwar hatten die meisten Berufsreiter ihre jungen, unerfahrenen Pferde mit, aber mich hat das dennoch etwas eingeschüchtert. Trotzdem bin ich aber ehrgeizig und mein Ziel ist (natürlich) eine Platzierung, was es mir nicht immer erleichtert, ich setze mich damit immer unbewusst ein bisschen unter Druck und bin dann auch echt aufgeregt – gerade beim ersten Turnier des Jahres.
Dennoch war ich halbwegs guter Dinge, wir waren am Samstag vorher nochmal beim Geländetraining, was super geklappt hat, und am Montag hatten wir ein tolles Springtraining, das mir nochmal Mut gegeben hat – im letzten Jahr war ich im Springen oft sehr unsicher und hab damit auch mein Pferd verunsichert.
Das Wetter war nicht so richtig nachsichtig mit uns, es war total kalt, aber immerhin hat es nur einmal kurz gehagelt, als wir gerade für die Dressur gesattelt haben. Diese lief relativ ok, für mich als eigentliche Dressurreiterin nicht 100 % zufriedenstellend. Man darf in VS-Prüfungen in der Dressur nicht mit Gerte reiten, was mein Pferdchen immer dazu verleitet sich auf die faule Haut zu legen. Technisch war die Aufgabe in Ordnung, aber wir können es deutlich besser. So waren wir „nur“ 9. nach der Dressur.
Das Springen war nicht so easy, der Platz war am Hang und so ging es die ganze Zeit bergauf und bergab. Der zweite Sprung stand im Schatten und irgendwie fand mein Pferd den sehr furchteinflößend, sodass ich eine Mini-Sekunde vor der Entscheidung stand: Nichts tun und einen Steher kassieren oder einmal überzeugen und entweder irgendwie drüber zu kommen oder trotzdem Steher kassieren :D. Ich hab mir ein Herz gefasst und bin mutig und entschlossen drauf zu geritten und konnte Herrn Pferd also ausreden, dass man da lieber anhalten sollte. Danach war dann allerdings so sehr der Gang drin, dass ich nur noch mitreiten musste, am letzten Sprung kassierten wir dann noch einen Fehler, aber das war mir egal. Ich war stolz auf mich, dass ich mich so schnell richtig entschieden habe und meinem Pferd damit offensichtlich auch Sicherheit geben konnte.
Danach hatte ich dann erstmal Zeit zum Frühstücken (um 14:30 Uhr wurde das auch langsam mal Zeit :D) und bin danach noch einmal das Gelände abgegangen. Ich hatte danach nochmal geschaut, ob irgendwo Zwischenergebnisse ausgehängt waren, aber ich hab keine gefunden und irgendwie war es mir in dem Moment eh egal und ich dachte auch mit dem Fehler im Springen wäre ich ohnehin nicht mehr so gut dabei.
Im Gelände sind wir nie die allerschnellsten, bisher sind wir selten in die Zeit gekommen, auch wenn ich wirklich Gas gegeben hab. Deswegen hatte ich mir vorgenommen, unser Tempo und unseren Rhythmus zu reiten. Als Zeitfehler bekommt man pro Sekunde 0,4 Strafpunkte angerechnet. Das ist also gar nicht sooo viel. Das wollte ich in Kauf nehmen. Und so gings dann auch los, nach kurzem Klemmen bis zum ersten Sprung kamen alle Sprünge wie von selbst, die Hügel rauf ging’s in gefühlt 2 Galoppsprüngen, er hat richtig angegriffen!! Einmal hat er mir sehr geholfen, da war ich doll vor der Bewegung. Aber wir hatten so einen Rhythmus, alles passte, alles stimmte und es hat einfach nur Spaß gemacht. Das ist echt das, was Gelände ausmacht und es zu so etwas besonderem werden lässt. Mein Pferd würde in so einer Phase nie auf die Idee kommen zu glotzen oder vor den Hindernisrichtern oder Zuschauern zur Seite zu springen – obwohl er eigentlich schon guckig ist! Er ist dann so fokussiert und gibt einem so ein tolles Gefühl, das macht wirklich einfach nur Spaß. Mit dem Gefühl ritt ich ins Ziel und war so so happy. Und obwohl ich nicht das letzte Tempo geritten war, waren wir nur 6 Sekunden über der Bestzeit, was gerade mal 2,4 Strafpunkte waren. Klar können 2,4 Strafpunkte auch mal teuer sein, wenn es hart auf hart kommt, aber für mich war das voll ok – vor allem wenn man bedenkt, dass wir bisher auch immer 3-10 Sekunden über die Zeit waren, auch wenn ich „Vollgas“ geritten bin.
Für mich hat sich da vor allem gezeigt, dass das letzte Tempo am Ende gar nicht so viel ausmacht. Dem guten Rhythmus, den wir dieses Mal hatten, habe ich es zu verdanken, dass ich vor und über den Sprüngen kaum Zeit verloren habe. Dieses Rhythmusgefühl musste ich erst erlernen. Auf Fotos vom gleichen Turnier vor zwei Jahren kann man sehen, dass die Sprünge nicht so harmonisch sind. Das kostet dann Zeit, weil man immer wieder Tempo raus nehmen muss oder weil der Sprung nicht so fließend ist.
Auf diesen Fotos kann man ganz gut erkennen was die Unterschiede ausmachen. Auf den älteren Bildern bin ich noch ängstlicher und weniger selbstverständlich auf die Sprünge zu geritten, mein Pferd hat immer alles sehr gut gelöst, ist aber immer auf Nummer sicher gegangen und hat meistens einen Galoppsprung mehr vor dem Sprung gemacht und musste sich dadurch mehr in die Luft schrauben, die Flugkurve war steiler und hat mehr Zeit gebraucht.
Mittlerweile schaffe ich es meistens aus einem gleichmäßigen Tempo das Hindernis in den Rhythmus zu integrieren, sodass die Flugkurve flacher ist, weniger Kraftaufwand vom Pferd nötig ist und der Sprung nicht so „zeitaufwändig“ ist.
Somit war mein Gefühl direkt nach dem Gelände schon „Ich freu mich so!!!“, eigentlich hatte alles genau so geklappt, wie ich es mir gewünscht hatte. Ich war im Springen überhaupt nicht unsicher, Gelände war super – gut, die Dressur ist verbesserungswürdig, aber das ist glaube ich Jammern auf hohem Niveau. Dass wir dann am Ende sogar noch an 6. Stelle platziert wurden, hätte ich gar nicht erwartet, aber das hat dem ganzen natürlich die Krone aufgesetzt.
Auch ohne eine Schleife hätte ich wahrscheinlich pausenlos allen erzählt, wie sehr ich mich freue und dass ich so stolz auf unsere Leistung bin, aber wenn man sich dann auch noch mit anderen gemessen hat, von denen man dachte, sie seien einem selbst schon ein Stück weit überlegen, dann ist die Freude irgendwie nochmal größer.
Rückblickend freue ich mich jetzt aber wirklich am meisten über unsere gemeinsame Entwicklung, auch vor 2 Jahren waren wir schon in A-Vielseitigkeiten platziert, aber wenn man sich die Bilder anschaut sieht man schon eine Verbesserung, über die ich mich wirklich sehr freue.
All diese tollen Fotos stammen übrigens von der Fotografin Annette Dölger, www.pferdegrafie.com, die auf vielen Vielseitigkeitsturnieren zu finden ist und immer wieder tolle Momente einfängt und so ermöglicht, dass man immer wieder Vergleiche ziehen kann.
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