Dies ist ein Gastbeitrag von Vanessa. Vanessa ist mit ihrer 12jährigen Schimmelstute Pepper seit einigen Jahren sehr erfolgreich im Springsport unterwegs. Vanessa war früher Teil des Teams und hat regelmäßig für Horsediaries geschrieben, ihre alten Beiträge findet ihr hier. Auf ihrer Instagram Seite berichtet sie außerdem sehr regelmäßig über Pepper, schaut auch dort gerne mal vorbei!
Frust.
Jeder kennt es, schlechte Tage. Bergauf und bergab. Hoch und runter. Gerade im Reitsport, wo der Partner ein Tier mit Launen und Gefühlen ist, kann es schnell passieren, dass man auch mal gegeneinander arbeitet, sich nicht verstanden fühlt oder einfach mal etwas nicht klappt.
Jeder weiß, es muss erstmal zu Hause klappen. „Immer eine Klasse mehr als auf dem Turnier“ wird gelehrt. Und so lange es zu Hause nicht klappt, klappt es auch in den seltensten Fällen auf Turnier, wo dann noch die Aufregung und die angespannte Atmosphäre dazu kommt. Fehler können und dürfen passieren, genauso, wie man auch mal eine ganze Prüfung verhauen kann. Sowohl der Partner Pferd, als auch wir selber sind nicht immer gleich gut drauf. Oft der Wechsel in eine höhere Leistungsstufe kann einige Zeit dauern, auch wenn zu Hause alles klappt. Die Nerven brauchen auch etwas Zeit, bis man „normaler“ agiert. Ob nun bei 10cm mehr Sprunghöhe oder einer neuen Lektion auf dem Dressurviereck.
Aber wie ist das, wenn zu Hause eigentlich alles klappt, man zuversichtlich in die Prüfungen geht, nicht übermäßig nervös ist, und auch Partner Pferd routiniert genug sein sollte? Es gibt Wochenenden, Wochen oder auch Monate, da läuft es einfach nicht. Man fängt an sich Gedanken zu machen, und oft resultiert darauf ein Teufelskreis. Auch im Training klappt es auf einmal nicht mehr so sehr, und die einfachsten Aufgaben werden auf einmal unüberwindbar. Man fährt im Training einen Schritt zurück, übt das Problem an kleineren Sachen, bekommt es dort vielleicht sogar behoben und trotzdem – auf dem Turnier will es nicht so recht laufen.
So ist es momentan bei uns.
Im Grunde ist das ganze Jahr 2018 geprägt von einem auf und ab. Im November 2017 noch mit einer sehr guten Runde einen 2. Platz im M**, danach 4 Wochen Klinik, antrainieren im kältesten Zeitraum, sehr wilde Springstunden, irgendwie fehlte das Zusammenspiel. Das erste Turnier, Pepper so wild, dass ich überhaupt nicht zum Sprung hinkam, sie rannte einfach weiter geradeaus. So kannte ich mein Pferd gar nicht, aber das war für mich alles in Ordnung, ich war ja froh, dass sie gut drauf war und „wollte“. Nur fing es dort schon an – keine Kontrolle, vorne festhalten und irgendwann, auch wenn ich das erst jetzt im Sommer so wirklich verstanden habe – ich habe Angst Grundgalopp zu reiten. Selbst im Training habe ich Angst, mehr Galopp zu reiten und dadurch auch mal größer an den Sprung zu kommen. Habe ich keine Distanz gesehen, habe ich den Galoppsprung so lange so sehr verkleinert, dass ich natürlich total untertourig und dicht an die Sprünge herangeritten bin. Und mein braves Pferd springt trotzdem los.
Also – auf Turnier eine Stufe heruntergefahren und nur noch L und M* geritten. Klar würde ich gerne wieder über S reiten, aber es wird dadurch nicht besser, und 2019 ist auch noch ein Jahr. Vieles wurde im Training besser, wenn ich meinen Kopf ausstelle, dann haben wir auch richtig gute Springstunden, und generell klappt es im Grunde so im Training, dass Turnierstarts keine Probleme darstellen sollten. Sollten…
DENN: wir haben auch hier eine Berg- und Talfahrt. Der Großteil 2018 besteht aus: einem Fehler. Immer und immer wieder ein Fehler, da ist es auch egal, ob wir über L oder M reiten, dieser Fehler verfolgt uns. Wir haben ein paar Sachen umgestellt, etwas Zusatzfutter hier, etwas anderes Training dort, und insgesamt finde ich, sah mein Pferd lange schon nicht mehr so gut aus, wie derzeit. Ein Gespräch mit meinem Trainier, vielleicht Turniere erstmal ausfallen zu lassen – aber das hilft in unserer Situation nicht weiter, denn im Training klappt es. Dort guckt sie nicht, lässt sich problemlos händeln, macht so gut wie nie Fehler. Also reiten wir weiter Turniere, und nehmen 2018 zum üben.
Natürlich kann man sich jetzt sagen, dass es so viele Reiter gibt, die nie platziert werden, oder sich wie ein Honigkuchenpferd über eine Salatschleife freuen. Ich gönne auch jedem eine Schleife oder eine Platzierung, aber trotzdem ist man frustriert, manchmal könnte man seinen Partner am liebsten sogar verschenken oder man weint bittere Tränen in einer ruhigen Minute. Denn auf einmal passieren Fehler, die man sonst nie hatte, an die man sonst nicht mal denken konnte. Und rückblickend betrachtet kann ich noch nicht mal unzufrieden sein. Wir haben diese Saison M* gewonnen, sind mehrfach L und M platziert. Aber trotzdem bin ich frustriert von dieser Saison.
Aber, und das ist wichtig: Aus diesem Tief kommt man auch wieder raus. Manchmal dauert es, manchmal darf man sich vielleicht auch nur winzig kleine neue Ziele setzen, aber nach jedem Tief folgt auch wieder ein Hoch. Einigen hilft es, dann vorerst zu Hause zu bleiben, bei einigen würde das Problem dadurch vielleicht verstärkt werden. Einige Pferde und Reiter brauchen die regelmäßige Turnieratmosphäre, um nicht raus zu kommen, auch wenn es gerade mal nicht klappt.
Ganz wichtig ist aber: Steckt euren Kopf nicht in den Sand. Versteckt euch nicht. Nehmt das alles vielleicht auch alles mit etwas Humor und auf einmal seht ihr, wie viele diese Phase gerade aktuell haben – oder sie zumindest schon einmal hatten. Keiner von uns, egal ob Reiter in den kleinsten Klassen oder auch die Profi-Reiter, kann behaupten, noch nie in einem Tief gewesen zu sein. Wichtig ist nur, sich da wieder raus zu kämpfen! Glaubt an euch, an dich selber, aber auch an deinen Team-Partner. Überfordert euch nicht, geht einen Schritt zurück und geht die Leiter Stufe für Stufe wieder hinauf.
Frust gehört dazu, es ist nur wichtig, dass ihr an euch glaubt!