Allgemein, Persönliches
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Fremde Nasen in persönlichen Angelegenheiten…

…eine Reiterkrankheit?

Lang ist es her, dass ich für Horsediaries einen Artikel geschrieben habe. Allerdings kommen mir immer mal wieder Gedanken, die ich in einer ähnlichen Form vor langer Zeit schon ein mal hier mit euch geteilt habe, welche mich einfach nicht loslassen und mich dazu gebracht haben, ein paar Zeilen auf dem Blog nieder zu schreiben.

Manchmal glaube ich, dass in keinem anderen Sport, bei keinem anderem Hobby mehr über fremde Menschen geurteilt wird als im Reitsport. Da wird gemunkelt ob Familie Gänseklein im Lotto gewonnen hat oder ein illegales Nebengewerbe betreibt, um sich drei erfolgreiche Sportpferde in einem Vollpensionsstall zu leisten. Es wird an der Bande gestanden und darüber debattiert, wie klein Emma ihr Pferdchen doch viel besser versammeln könnte, so wird das schließlich nie was mit der L-Platzierung – ohne dass sie jemals um Tipps gebeten hätte natürlich. Es wird mit den Augen gerollt, wenn Martha mit einer dickeren Decke kommt und die nächste ihrem Pferd das xte Zusatzfutter bringt. Kurz um, einfach dutzende Reiter/innen stecken ihre Nasen in Angelegenheiten, in denen sie einfach nichts zu suchen haben. Je mehr Abstand ich zu der Reiterei bekomme, desto mehr Dinge fallen mir auf, über die ich früher geschwiegen habe.

Vielleicht kennen einige von euch dieses unangenehme Gefühl welches einen überkommt, wenn man die altbekannte Stallgasse betritt und man genau weiß, dass man anders ist als die anderen. In meinem Fall liegt das Gefühl daran, dass ich einfach kaum noch vor Ort bin. Ich weiß, dass ich nahezu die einzige bin, die so selten im Stall ist und ich weiß, dass es Menschen gibt, die darüber urteilen. Ohne überhaupt einen blassen Schimmer zu haben, wieso das so ist. Über Dritte wurde mir schon zugetragen, dass meine Pferde doch bei anderen Besitzern sehr viel besser aufgehoben seien als bei mir, da ich ja eh nie für sie da wäre und erst recht nicht mehr reiten würde.

Die Denkweise schockt mich, ich bin ehrlich. Ein Mensch der mich nicht kennt, sagt zu einem anderen Menschen der mich nicht kennt, ich solle doch meine Pferde verkaufen, weil sie es woanders besser hätten.

Weil diese anderen Leute liebend gerne chronisch kranke Pferde kaufen? Am besten noch, um sie zu reiten, obwohl sie krank sind?

Kein anderer ist mit meinen Stuten ihren Leidensweg gemeinsam gegangen außer mir. Niemand anderes hat gesehen, wie mein Pony 14 Tage lang in einer Klinik stand, vollgepumpt mit Chemie, leidend. Nach unterschiedlichsten Untersuchungen von unterschiedlichsten Ärzten und mit den Nerven am Ende. Auch kein anderer hat gesehen, wie ich in Tränen ausbrach, als mir mein damaliger Tierarzt offenbarte, dass meine große Stute nicht mehr belastbar sei, niemals mehr. Niemand, außer meiner Stute und mein Tierarzt.

Ich glaube daran, dass diese beiden Pferde ganz genau wissen, dass sie deshalb noch bei mir sind, weil sie bei anderen vermutlich als Zuchtstuten geendet wären, wohlmöglich auch in der Wurst oder im schlimmsten Fall einfach so weiter geritten worden wären, bis gar nichts mehr ginge. Nur deshalb freuen sich auch beide immer noch wenn sie mich manchmal auch nur einmal in der Woche sehen. Sie wissen, wer ich für sie bin und sie wissen auch, was wir bis hierhin alles gemeinsam erlebt, genossen und ausgehalten haben. Wenn man mir an dieser Stelle etwas anderes unterstellen mag, dann bitte. Aber ich bin ein Herzensmensch, ich weiß dass ich die Verbindung zu meinen Pferden nie verloren habe und andersherum genau so wenig, das reicht mir.

Ich kann verstehen, dass man sich fragt weshalb das Pony immer noch in Vollpension steht, vielleicht weil man nicht weiß, dass es nicht so leicht ist für super leichtfuttrige Pferde einen geeigneten Platz in einem Offenstall zu finden und weil es noch viel schwieriger ist, Stallbesitzer zu finden, auf die man sich blind verlassen kann.

Warum ich mich auf Stallbesitzer blind verlassen muss? Weil mein Leben nicht mehr so ist wie damals, als sich alles nur um meine beiden Pferde drehte, ich kontrollieren konnte, ob alle vier Beine noch dran sind, ob die Pferde vital sind, sie gutes und ausreichendes Futter bekommen und Auslauf haben. Deshalb ist es für mich wichtig, tolle Stallbesitzer zu haben auf die ich mich verlassen kann. Stallbesitzer, die auch in schwierigen Zeiten da sind und nach Möglichkeiten für einen suchen, obwohl sie es nicht müssten.

Jeder Mensch, dem das Schicksal schon mal begegnet ist, weiß, dass sich Dinge ändern können, dass sich Prioritäten verändern müssen und man sich in dem sicheren Glauben bewegt alles wendet sich irgendwann so, dass es niemand mehr nötig haben wird über einen fremden Menschen zu urteilen.

Manchmal wünschte ich mir, ich könnte für ein paar Tage meine Schuhe an jene verteilen, die meinen, sie wüssten es besser. Ich würde sie so gern ein paar Schritte mit meinen Schuhe laufen lassen, mit der Erfahrung und Erinnerung an Tage im Stall mit meinen Pferden, von denen sie nichts wissen, mit meinem Leben fernab von der Wendystallwelt. Ob sie es dann immer noch wagen würden ihre Nase in meine Angelegenheiten zu stecken? Zu urteilen? Oder würden sie verstehen…?

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29 Jahre, Kommunikationsdesignerin Schwerpunkt Editorial und Fotografie, Frischluftfanatiker, am liebsten in Begleitung ihrer Fellnasen.

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