Wer kennt sie nicht, diese Sprüche „Mistvieh, nie macht es das, was es machen soll!“. So, oder so ähnlich. Und oft auch schlimmer.
Erst letztens ist mir wieder so ein Spruch entgegen gekommen. Und das machte mich nachdenklich – hat man doch auch selber schon mal etwas in der Art gesagt oder aber zumindest gedacht, da nehme ich mich nicht raus. Und oft ist es doch so: Anstatt, dass wir bei uns Fehler suchen, muss erstmal ein anderer Sündenbock her: unser vierbeiniger Partner: stur, zickig, motivationslos, faul, ignorant, nicht bremsend und so weiter und so weiter. Na? Wer von euch kann sagen, dass wir unser ach so geliebtes Pferd nicht auch schonmal mit solchen Adjektiven geschmückt haben? Ich nicht.
Das mag bei vielen verpönt sein, aber ich nenne mein Pferd lieber liebevoll „Zicke“ oder „Glotzkuh“, als dass ich es anders herauslasse und meine Wut oder meinen Zorn am Pferd herauslasse. Das ist zum Glück schon Jahre her, dass ich das gemacht habe und dafür schäme ich mich. Ich habe zum Glück damals sofort einen Rüffel von meiner Mutter bekommen. Dafür danke ich ihr heute, auch wenn ich das damals total doof fand. Heutzutage lasse ich die Zügel lang und gehe lieber eine Runde ins Gelände, wenn mal wieder etwas nicht klappen möchte, was doch sonst immer funktioniert. Oder wenn der Sonnenfleck an der Bande kleine Peppers frisst. Oder vielleicht auch nur ein Sandkorn anders liegt als sonst.
Über die Weihnachtstage war eine gute Bekannte am Stall und hat mit Pepper etwas Handarbeit versucht. Klar, für den Hausgebrauch kann Pepper alles. Sie lässt sich willig führen, überholt nicht… ich komme halt einfach problemlos von A nach B.
Aber so einfach ist es dann ja doch nicht. Von der anderen Seite geführt werden? Für Pepper zunächst total seltsam, denn sonst soll sie doch immer rechts von mir laufen? Im ersten Moment habe ich lachend gesagt „Ganz schön doof, die Pepper.“ Aber natürlich ganz und gar nicht doof, sie hat es doch schließlich so viele Jahre anders gelernt. Sie hat es schlicht und ergreifend erstmal nicht verstanden und hat deswegen immer wieder versucht, ihren Körper auf die andere Seite zu mogeln. Also wurde immer wieder neu angesetzt, man hat Pepper förmlich denken sehen und dann war es auch in Ordnung.
Oder heute beim Reiten: Durch ihren Körperbau und ihre Eigenschaft, immer alles richtig machen zu wollen, klappt der Außengalopp nicht so, wie ich es gerne hätte. Aber kann ich sie als doof bezeichnen, wenn sie doch im Parcours gelobt wird, wenn sie selbstständig den Galopp wechselt? Warum ist es dann verkehrt, wenn sie in der dressurmäßigen Arbeit bei einem Handwechsel auch sofort einen fliegenden Wechsel springt? Auch wenn ich mich noch so sehr bemühe, mein Gewicht nicht zu verlagern?
Nein, ich kann ihr nicht böse sein und versuche durch andere Hufschlagfiguren den Außengalopp zu erhalten, bis es dann zum Ende hin auch klappt. Sie also verstanden hat, dass nicht immer ein fliegender Wechsel erwünscht ist.
Und trotzdem. Manchmal nenne ich sie liebevoll „meine Glotzkuh“ und kann ihr aber trotzdem nicht böse sein, wenn sie 20 mal an der Decke auf der Bande vorbeiläuft und sie auf einmal ganz schrecklich ist, obwohl wir sie doch zusammen dort abgelegt haben. Ich glaube, wenn sie das ablegen würde, würde ich mir auch Gedanken machen. Vielleicht versteht Sie irgendwann auch, dass Decken an der Bande keine Pepper-fressende-Monster sind. Ich gebe die Hoffnung nicht auf!