Ich glaube jeder kennt es, diese geheimen Träume, die man eigentlich nicht aussprechen mag, aus Angst, ausgelacht zu werden oder Höhenflüge nachgesagt zu bekommen.
Bei mir war das zumindest so. Lange stand ich in einem reinen Sportstall, in dem Turniere jeder Klasse geritten worden sind. Heimlich habe ich oft gedacht: über M reiten würde ich auch gerne mal. Und vielleicht springt ja irgendwann auch einmal eine Platzierung bei raus, das wäre so das i-Tüpfelchen. Aber lange war das halt auch nur ein Traum, denn durch einige Stürze und Vertrauensverluste in den vergangenen Jahren hatte ich dann auch immer Angst, sobald der Sprung höher als 1,15m wurde. Dabei bin ich mit meinem Pony früher weit höhere Sprünge angeritten.
Dank vertrauensaufbauender Maßnahmen meiner Reitlehrerin wurde diese Angst aber immer weniger, und zugegebenermaßen ist Pepper ja auch ein Pferd, die es mir auch leicht macht, da sie keine Angst vor höheren Sprüngen hat und meine Fehler oft genug verzeiht. Alleine macht sie die ganzen Sachen dann aber dennoch nicht.
Durch einige private Veränderungen habe ich dann im Frühjahr den Trainer gewechselt und seitdem einen „Vertrauens-Schub“ bekommen und auch wenn der Respekt noch immer mitspringt, machen mir hohe Sprünge nun richtig, richtig Spaß. Und je mehr ich mir und meinem Pferd vertraue, desto mehr zeigt Pepper mir, dass wir es gemeinsam schaffen.
Die Saison war bisher ein einziger Traum. In meinen ersten vier M-Springen gab es direkt vier Platzierungen (6., 4., 2., 4.) und auch in den L Springen sind wir konstant null und platziert. Zum Anfang der Saison hatte ich das Ziel, bzw. den Traum, einmal ein L zu gewinnen und in ein M rein zu reiten. So zum Ende der Saison hin. Der erste L Sieg kam dann schon Mitte April. Die erste M-Platzierung Ende April. Die nächsten L- Siege folgten im Mai. Gut, besser hätte die Saison dann nicht laufen können und meinen neuen Traum behielt ich dann doch eher für mich: Einen Sieg im M Springen. Aber ich wollte nicht abgehoben klingen, nach ein paar M Platzierungen, also sprach ich diesen Wunsch nicht aus.
Auf den Kreismeisterschaften lief dann zunächst auch alles vom Feinsten. 1. Wertungsprüfung L Springen einen schönen 5. Platz, und in der Mannschaftsdressur eine 7,0 (wenn auch leider ohne Platzierung).
Sonntag lief es dann aber nicht mehr so gut. Ich nehme mir viele Sachen sehr zu Herzen und habe dementsprechend schlecht in der 2. Wertungsprüfung geritten. Kein Rhythmus, keine Harmonie, und am letzten Sprung kam dann dafür die Quittung: Ich habe mich falsch entschieden, Pepper hatte kein Vertrauen in meine Entscheidung und unsere Wege trennten sich. Mein Selbstvertrauen war arg geknickt.
Es ist immer leicht gesagt, sich nicht alles zu Herzen zu nehmen, aber wenn man dann in der Situation ist, ist dies dann nicht so einfach. Meine Freunde und Familie haben mich dann aufgebaut und mich überredet, dieses Wochenende wieder Turnier zu reiten. Zu Hause habe ich dann etwas gesprungen, zunächst sehr unharmonisch mit schlechtem Distanzgefühl, zum Ende hin wurde es etwas besser.
Samstag hatten wir dann L-Stil und Mannschafts-A genannt. Im L war Pepper sehr stark, reagierte kaum auf meine Hilfen und mein Gefühl war auch lange nicht gut. Daraus resultierte dann auch ein Fehler und wir waren 2. Reserve. Im Mannschaftsspringen war es etwas besser, und unsere Mannschaft konnte sich auf den 3. Platz rangieren.
Sonntag war dann Punkte L und M genannt. Ich wechselte vorher das Gebiss (eine Art Apple Mouth Oliv-Kopf-Gebiss) und ich ritt beim abreiten schon etwas energischer. Im L war ich an sich schon sehr zufrieden, leider hatten wir einen Fehler am vorletzten Sprung. Ich nehme gerne Fehler auf meine Kappe, aber diesmal war ich wirklich etwas enttäuscht von Pepper und die Selbstzweifel kehrten zurück. War ich wirklich nicht gut genug?
Mein Freund und meine Freundin bauten mich etwas auf und überredeten mich, das M auch noch zu reiten, für meinen Kopf und um zu zeigen, dass wir es können. Ich lieh mir andere Sporen, zeigte etwas mehr Biss und Grundgalopp und versuchte einfach nur, Grundgalopp und Rhythmus zu halten. Das M war nicht bis ans Ende hochgezogen, aber die Linienführung war nicht ganz einfach und es gab kaum Zeit zu verschnaufen, da alles sehr schnell aufeinanderfolgte.
Über Sprung 1 sprang Pepper schon nach rechts weg, warum auch immer. Ich buffte sie dann einmal an und versuchte dann einfach nur meine Harmonie zurückzufinden und mein Ding zu machen. Von Sprung zu Sprung machte es dann mehr Spaß, in einer Kombination rettete sie mich dann, da ich viel zu groß reingeritten bin und sie sich dann richtig zusammenziehen musste, um null rauszuspringen. Und als dann auch der letzte Sprung fehlerfrei überwunden worden ist, fiel ich Pepper erstmal um den Hals. Sie ist halt doch einfach die Beste, und so schlecht konnte ich das ja alles dann doch nicht machen!
Den Parcours überwanden nur 4 Reiter fehlerfrei und somit war mir der 4. Platz sicher! Der erste Reiter im Stechen war schnell, aber hatte einen Fehler. So einfach war der Stechparcours nicht. Ich wollte zügig reiten, aber nichts riskieren, dafür fehlte uns dann ja doch die Erfahrung. Da Pepper aber so aufmerksam war, konnte ich überall vorne rumreiten. Es machte einfach so so Spaß! An einem Steilsprung riskierte ich etwas zu viel, dort fiel leider die Stange, dennoch war ich schneller als die erste Reiterin. Wow.
Danach wurde es noch spannend. Die dritte Reiterin hatte einen Steher und einen Fehler, der 2. Platz war mir sicher! Die letzte Stechreiterin ist eigentlich bekannt dafür, null zu reiten. So war auch ihr Plan, eine sichere Nullrunde zu reiten. Tat sie auch. Sammelte dabei aber so viele Zeitfehler… das es für Pepper und mich den Sieg bedeutete!! Meine Freundin und ich schauten uns mit Tränen in den Augen an und ich war und bin so so so glücklich! Unsere bzw. meine erste M Saison und dann direkt so erfolgreich und dann auch noch einen Sieg? Unfassbar!
Diese Saison kann einfach nichts mehr toppen. Mein Traum, mein Ziel und mein geheimer Traum wurden erfüllt. Dafür kann ich nur danke sagen!