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Horsemanship Lehrgang Teil 1

Wie in meinem letzten Artikel angekündigt, hatte ich für Jeany und mich einen Lehrgang im Horsemanship geplant. Ich habe wirklich lange darauf hingefiebert und mir eine Menge davon erhofft. Wie der Lehrgang nun genau war, berichte ich euch in meinem heutigen Artikel.

Dass Jeany etwas besonderes ist, wusste ich schon immer. Vermutlich denkt das jeder über sein eigenes Pferd. Aber nach diesem Wochenende habe ich gelernt, dass sie wirklich anders ist als andere. Ich versuchte so unvoreingenommen wie es nur ging an diesem Lehrgang teilzunehmen und wenn ich jetzt so zurück blicke, war das aufjedenfall auch richtig so.

Der Lehrgang wurde von Frank Mierwaldt geleitet, bei dem wir auch schon vor einigen Monaten einen super netten Infoabend hatten. In meinem Kopf malte ich mir schon Tage vorher aus, wie das ganze denn so ablaufen könnte, welche Punkte ich auf jedenfall ansprechen wollte und welche Teile der Geschichte ich erwähne. Kennt ihr das? Der Kopf rattert und rattert und wenn es dann soweit ist, kommt nichts davon zum Tragen, weil es einfach ganz anders läuft?

Ich machte Jeany ganz in Ruhe fertig, lieh mir von meiner Freundin ein langes Rope (langer Strick mit schwerem Karabiner) und den Stick (kurze Gerte, mit langem Band), dieselte Jeany mit ordentlich Fliegenspray ein und schon ging es zu unserer ersten Einheit in der kleinen Halle. Dort war Jeany bisher nur 3-4 Mal drin, da ich so gut wie gar nicht dressurmäßig gearbeitet habe im letzten Jahr. Sie staunte nicht schlecht, verspannte sich sofort und wollte am liebsten sofort wieder weg. Kaum war die Tür zu, hörte ich auch schon „Mach mal ab!“ durch die Lautsprecher. Kurz überlegte ich, ob es vielleicht ein Fehler war keine Gamaschen oder Glocken drum gemacht zu haben, atmete kurz durch und löste das Rope vom Knotenhalfter. Augen zu und hoffen, dass sie nach zwei Runden aufhören würde zu rennen. Aus zwei Runden wurden dann irgendwie 200 und selbst dann wollte sie noch nicht aufhören, sodass Frank zu mir in die Mitte kam und wir mit einem leichten Join Up begannen. Es gab zwei Regeln: Das Pferd läuft nur in die Richtung, die ich vorgebe und stehen geblieben wird auch nicht, es sei denn es ist ein Schritt auf mich zu. Klang ja im ersten Moment ganz einfach, war es aber nicht. Da Jeany als erste Lektion lernen sollte, dass es bei mir sicher ist, bekam ich den Rest der Teilnehmer zur Hilfe. Die Gruppe stellte sich als kleine, menschliche Herde zu einem Haufen zusammen und machte mit ihren Sticks und Ropes immer dann Stress, wenn Jeany ihnen zu Nahe kam, an der Tür stehen blieb oder die Richtung wechseln wollte. So, wie es auch in einer Pferdeherde mit einem Neuankömmling am Anfang passiert. Ich stand am anderen Ende der Halle und bekam immer wieder Anweisungen, wo genau ich mich platzieren sollte. Wichtig war es, Jeany den Weg zur Flucht freizuhalten, quasi die Tür zur öffnen, aber auch gleichzeitig durch lässige Körperhaltung zu signalisieren: „Komm doch zu mir, hier ist es entspannt und bei mir bist du sicher.“

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Ich kenne einige Kritiker dieser Methode. Einige sehen das Join up als müde machen an und finden es ungerecht dem Pferd gegenüber. Ich war zunächst auch kritisch, allerdings habe ich an beiden Tagen verstanden, dass man so eine tolle Chance hat dem Pferd zu zeigen, dass man doch gar nicht so klein und schwach ist, wie es zu erst angenommen hatte. Man läd es quasi dazu ein, einem Vertrauen zu schenken und gemeinsam auf Gespenster und Feinde zuzugehen. Nur gemeinsam ist man stark.

Bis Jeany das verstanden hatte, verging einige Zeit und es flossen bei allen Beteiligten ordentliche Schweißtropfen. Auch wenn es für mich körperlich gar nicht so anstrengend war, mental war es schon eine Herausforderung im richtigen Moment zur Seite zu gehen, das Pferd im Auge zu behalten ohne zu starren und gleichzeitig noch daran zu denken, sie mit der passenden Körperhaltung zu mir einzuladen. Als sie dann endlich so weit war und sich mir näherte, musste ich besonders auf meine Körpersprache achten und habe sie bei unserem ersten Kontakt gleich dort gestreichelt, wo sie es am liebsten hat. Klopfen war strengstens verboten. Jetzt, wo ich ausreichend Zeit hatte darüber nachzudenken, werde ich sicher auch kein Pferd mehr klopfen.

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Jeany war mit ihrer ganzen Aufmerksamkeit bei mir und ich hörte ihren Stein regelrecht vom Herzen plumpsen, als sie verstanden hat, dass ich ihr gar nichts böses will. Auch Frank äußerte sich an dieser Stelle das erste Mal über Jeany. Hypersensibel und sehr intelligent. An irgendeiner Stelle in ihrem Leben wird sie eine Erfahrung gemacht haben, die ihr negativ im Gedächtnis geblieben ist und die ihre grundsätzliche, skeptische eher zu Panik neigende Persönlichkeit noch deutlich unterstrichen hat. Darauf werde ich aber im Fazit am Ende der kurzen Reihe nochmal näher eingehen.

Sie hatte also ihren Ruhepol in mir gefunden und folgte mir anschließend frei und mit Richtungswechsel durch die Halle. Unsere erste Einheit endete an dieser Stelle. Nach einer ausgiebigen Dusche, durfte sie erstmal in der Box alles sacken lassen und an ihrem Heu knabbern.

Die zweite Einheit ging nach dem Mittag weiter. Diesmal stand ein Gespann in der Halle, weil die Teilnehmerin vor mir ein Verladeproblem hatte. Das haben wir ja Gott sei Dank nicht, allerdings war es ein willkommenes Schreckgespenst. Kaum hatte ich die Halle betreten, verlor Jeany den Kontakt zu mir. Ihre Muskeln waren zu 100% angespannt und die Augen fielen ihr auch fast aus dem Kopf. „Abmachen!“ tönte es wieder aus dem Lautsprecher. Wer jetzt glaubt, dass das Pony sich die erste Einheit abgespeichert hatte, täuscht sich gewaltig. Es begann wieder ein hysterisches Gerenne, fast so als würde eine Meute wilder Hunde hinter ihr her sein.

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Diesmal platzierten wir nur zwei Helfer und mich und ließen sie erstmal von sich aus rennen. Auch hier galt wieder nur in eine Richtung und stehen bleiben an der Tür war verboten. Diesmal fand sie den Kontakt zu mir schon deutlich schneller und blieb dann auch sicher in meiner Nähe. Tolles Gefühl! Wir drehten ein paar Kringel ohne alles durch die Halle und ich fing sie allein durch Körpersprache wieder ein, sobald sie sich an der Umwelt und nicht an mir orientierte. Das braucht natürlich noch etwas Übung, um ganz präzise in den richtigen Momenten einwirken zu können, aber ich hatte auf jeden Fall ziemlich Spaß. Frank übernahm dann, hing Jeany wieder ans Rope und demonstrierte mir noch eine einfache Übung zum Hinterhandweichen lassen und um gleichzeitig die Aufmerksamkeit zu erlangen. Ich musste die Übung natürlich auch gleich ausprobieren.

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Als i-Tüpfelchen folgte Jeany mir noch ohne alles auf den Hänger. Das war ja eigentlich nichts neues für uns, allerdings habe ich unter solchen Bedingungen noch nie Verladen. Um die Schwierigkeitsstufe allerdings noch etwas zu erhöhen, wurde das Rollo hinten am Anhänger runtergelassen, sodass ich mit meinem Blondinchen also unter dem Rollo auf den Anhänger kroch und genau so auch wieder runter und sie ist mir, auch ohne nur einmal mit der Wimper zu zucken gefolgt.

„Sowas erlebe ich äußerst selten. Diese Stute liegt zwischen Genie und Wahnsinn. Anfangs total ängstlich und skeptisch, aber nach einem kurzen Augenblick der Unsicherheit, ist sie bei dir und folgt dir in eine dunkle Höhle. Genial!“ sagte Frank diesmal und genau so hatte ich meine kleine Ponydame schon immer kennengelernt. Sie wusste schon immer ganz genau wann es darauf ankommt.

Unsere Einheit endete an dieser Stelle. Wir waren beide kaputt und Jeany freute sich über ein ausgiebiges Sandbad auf ihrer Weide mit ihrem Weidefreund.

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Wenn ihr wissen wollt, wie der zweite Lehrgangstag lief und was genau mein Fazit nach diesem Wochenende war, schaut einfach wieder vorbei.

 

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