Wer unsere Seite bei Facebook verfolgt, hat schon mitbekommen, dass der Zausel grade in der Klinik ist, weil er wegen eines fies wuchernden Sarkoides operiert werden muss.
Das Equine Sarkoid ist ein Hauttumor, der Pferde jeder Rasse und jeden Alters betreffen kann. Verursacht wird er von einem Virus, dem Boviden Papillomvirus. Der Eintritt des Virus erfolgt über kleinste Verletzungen in der Haut, meist zwischen dem 3. und 7. Lebensjahr, ist aber nicht von Pferd zu Pferd übertragbar. Gut 40 % der Pferde tragen den BPV in sich, es erkranken aber nur einige dann tatsächlich an den gutartigen Hauttumoren. Die Ursachen für den Ausbruch der Tumore ist noch nicht endgültig erforscht, es wurde aber eine genetische Präposition, also eine vererbte Veranlagung zum Ausbruch von Tumoren nachgewiesen. Auch das Immunsystem spielt beim Tumorwachstum eine wichtige Rolle.
Das Equine Sarkoid ist ein gutartiger, nicht in innere Organe streuender Tumor, der oft in erster Linie ein kosmetisches Problem ist. Leider neigen die Tumore aber dazu, an sehr ungünstigen Stellen zu wachsen, zum Beispiel in Gurt- und Sattellage, am Augenlid, an Euter und Schlauchtasche, an der Innenseite der Oberschenkel, in den Ohren und an Ellbogen und Gelenken. Sie reagieren auf Reibung und Reizung mit teilweise sehr starkem Wachstum und können an diesen Stellen auf erhebliche Ausmaße wie die eines Fußballes innerhalb einiger Wochen anwachsen. Sie sind dann sehr gut durchblutet, brechen leicht auf und können dann im schlimmsten Fall zu einer Blutvergiftung und damit dem Verlust des Pferdes führen. Aber auch eine Unbrauchbarkeit des Pferdes oder der Verlust eines Auges sind die drastische Folgen die ein Sarkoid hervorrufen kann.
Sarkoide sind vor allem deshalb so lästig, weil sie sehr oft einen rezividierenden Verlauf zeigen, also wiederkommen, wenn man sie entfernt hat. Außerdem reagieren sie auf jegliche Reizung, mechanisch wie auch durch Salben oder Tinkturen, mit massivem Wachstum. Deshalb sind auch Sarkoide in Sattel- und Gurtlage, am Augenlid, der Brust und zwischen den Hinterbeinen besonders problematisch, weil diese Körperstellen entweder immer (Augenlid und Innenseite der Oberschenkel) oder zumindest durch Ausrüstungsgegenstände wie Sattel, Decken, Trensen, etc. durch Reibung gereizt werden und die Tumore dort besonders stark wuchern.
Es gibt verschiedene Behandlungsmöglichkeiten gegen die Tumore, aber wie oben schon geschrieben ist die Rückfallquote leider sehr sehr hoch. Das bloße chirurgische wegschneiden der Tumore führt fast immer zu einem Rückfall und der Tumor kommt an selber Stelle, meist nur noch größer und aggressiver wieder zurück. Verschiedene Salben und Tinkturen wie zum Beispiel Terraxx und CompX werden außen auf die Tumore aufgetragen und bewirken nach zunächst starken Wachstum ein Abfallen des Tumors. Eine Misteltherapie, bei der über mehrere Monate ein Mistelpräperat sehr regelmäßig unter die Haut gespritzt wird, soll ebenfalls zum Abfallen der Tumore führen.
Doc hatte das erste Sarkoid bereits als er vor 5 Jahren zu uns kam. Es war eine sehr kleine, warzenartige Veränderung zwischen den Vorderbeinen kurz vor der Gurtlage. Der TA riet damals zum Unterspritzen der Stelle. Als Folge dessen schwoll der ganze Bereich sehr stark an und die „Warze“ find an zu wachsen. Es bildete sich eine blutroter, runter, teilweise nässender und blutender Tumor, der nach einige Zeit tatsächlich abfiel. Erst war an der Stelle ein Loch, dann begann es zu zuwachen und dann kam eine neue „Warze“ an gleicher Stelle sowie weitere an der Schlauchtasche und eine an der Brust.
Da die Stellen alle von der Lage eher unproblematisch waren und die Sarkoide nur recht klein und unauffällig waren, haben wir erstmal gar nichts weiter gemacht und sie in Ruhe gelassen, woraufhin die Tumore auch unauffällig blieben und kein Wachstum zeigten. Im folgenden Winter machte dann die Warze an der Brust etwas Probleme, durch die Reibung der Deckenschnalle wurde sie quasi erweckt und zeigte leichte Veränderungen. Schlimm wurde es dann eigentlich erst im Sommer, als sich Fliegen darauf setzten, der Tumor ging wieder auf, wucherte und war nässend und teilweise blutig. Der konsultierte TÄ riet uns zur Behandlung mit der Terraxx Salbe. Der Tumor zeigte noch stärkeres Wachstum, wurde wirklich eklig und fies, fiel dann aber auch letztlich ab und es blieb wieder ein kleines Loch. Relativ lange sah es so aus, als ob der Tumor an dieser Stelle tatsächlich nicht wieder kommt, dann bildete sich aber auf der Wunde ein unnormal dicke, plattenartige Haut, wieder ein Sarkoid. Immerhin war es deutlich flacher als der vorige Tumor, so dass die Stelle durch die Decke nicht mehr so gereizt wurde. Das Sarkoid zwischen den Hinterbeinen wuchs langsam, flächig, war aber ansonsten auch recht unauffällig. Seit dem haben wir alle Sarkoide komplett in Ruhe gelassen und sie nur immer gründlich im Auge behalten. So lange sie keine Probleme machten und nur ein kosmetisches Problem waren, wollte ich kein weiteres Wachstum provozieren. Über die Jahre kamen dann noch zwei am Hals hinzu aber insgesamt blieben alle recht friedlich und zeigten nur sehr langsames Wachstum ohne zu nässen oder bluten.
Vor vier Wochen etwa habe ich dann zwischen den Hinterbeinen ein Tumor entdeckt, der sich von dem mittlerweile handteller großen, flächigen Sarkoid abhob und etwa Eurostück groß zu wuchern begann. Der Tumor war nicht grau und schorfig wie alle anderen sondern blutrot und dünnhäutig. Ich zeigte den Tumor der Heilpraktikerin und wir haben beschlossen eine Misteltherapie zu beginnen, mit der eine Kollegin von ihr sehr gute Erfahrungen hatte. Ich war aber dann erstmal eine Woche im Urlaub, kurz darauf sie und danach wollten wir mit der Therapie beginnen. Leider wuchs der Tumor in der Zwischenzeit auf ungefähr die dreifache Größe an und ich hatte täglich Sorge er würde aufbrechen. Weil sie noch bis Ende dieser Woche im Urlaub war, habe ich Kontakt mit einem TA aufgenommen, der sehr versiert auf dem Gebiet der Sarkoidbehandlug ist und dieser riet mir, die Tumore umgehend mit einem Laser zu entfernen. Dafür müsste der Zausel allerdings in Narkose gelegt werden, weil die Stelle zwischen den Hinterbeinen anders nicht zu erreichen ist.
Auch wenn ich mich zunächst auf Grund der schlechten Erfahrung mit Vollnarkosen (Docs Vorgänger Colibri erlitt 9 jährig bei der Einleitung der Narkose einen Herzstillstand) sehr gegen das Ablegen gesträubt habe und mir bei dem Gedanken wirklich gar nicht wohl zumute war, haben dann die guten Erfahrungen mit der Lasertherapie mich doch dazu bewogen, das Risiko einzugehen. Zumal die Erfolge mit der Misteltherapie einige Monate auf sich warten lassen. Ich hatte einfach nicht dass Gefühl, dass uns dieser aggressive Tumor noch mehrere Monate Zeit lässt und wollte auf jeden Fall ein aufbrechen verhindern.
Die Entfernung mittels Laser hat den Vorteil, dass die Tumore schichtweise abgetragen werden und durch die thermische Wirkung des Lasers sofort verödet werden. Es entstehen so keine blutenden Wunden sondern im Prinzip flächige Verbrennungen. Diese heilen aber bedeutend schneller als mit den Skalpell geschnittene Wunden. Außerdem zerstört der Laser die Tumorzellen bis tief ins Gewebe hinein und das Risiko, dass Tumorzellen in der Wunde erhalten bleiben, weil nicht tief genug geschnitten wurde, ist so gut wie ausgeschlossen. Um den Tumoren wirklich komplett den Gar aus zu machen, werden die Wunden außerdem mit einem Chemomittel behandelt und es wird aus den Tumorzellen ein Impfstoff entwickelt, mit dem der Zausel dann gegen die Erreger immunisiert wird. Wir hoffen dass wir mit diesem Schlachtplan und der Kombination aus drei Behandlungsmethoden die fiesen Dinger endgültig loswerden.
Relativ kurzfristig haben wir den Zausel dann gestern nachmittag in die Klinik gefahren und heute morgen wurde er operiert. Den ganzen Vormittag habe ich voller Sorge das Telefon angestarrt bis dann grade eben um 13:10 der erlösende Anruf kam: Er steht! Alles gut verlaufen!
Auf Grund eines leichten Herzgeräusches (ja der Zausel sagt eigentlich bei keiner Krankheit nein ) wollten sie ihn nicht so tief in Narkose legen und er hat keine Schmerzmittel bekommen, damit der Kreislauf schön oben bleibt. Das hat auch alles gut geklappt und er war die ganzen drei Stunden sehr stabil und ist auch gut wieder auf die Füße gekommen. Leider mussten sie aber doch tiefer schneiden, als vorher angenommen und haben sogar noch weitere Sarkoide gefunden. Nun hat der arme Schatz also eine ganze Menge ganz schön tiefer Löcher im Pelz und muss bis Freitag nächster Woche mindestens in der Klinik bleiben. Danach darf er dann nach hause, wird aber mindestens 6 Wochen ausfallen, je nach dem wie gut alles heilt. Besonders das flächige Sarkoid mit dem böse wuchernden Tumor hat eine große Wunde hinterlassen, die auch noch durch das Chemomittel schlecht heilen wird, dies stört nämlich den Wundheilungsprozess. Möglicherweise wird er also noch länger pausieren müssen. Aber die Hauptsache ist jetzt einfach nur, dass er gesund wird und die Narkose schnell wegsteckt, alles andere wird schon gut gehen.
Allen lieben Facebook Lesern und natürlich auch allen, die dem Zausel so die Daumen gedrückt haben, möchte ich ganz herzlich für eure guten Wünsche und gedanklichen Zuspruch an den Zausel danken! Ich glaube, er hat sich darum besonders beeilt heil auf die Füße zu kommen!
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