Bevor ich euch ein kleines Update zu meiner kleinen Blondine mache, möchte ich mich wirklich von ganzem Herzen bei euch bedanken. Ich habe einige wundervolle Nachrichten von lieben Menschen bekommen, die in einer ähnlichen Situation stecken oder die mir Mut zugesprochen haben, und einige Nachrichten, die mir sehr deutlich gemacht haben, dass es richtig ist nicht aufzugeben! „Ich könnte das nicht.“ haben einige von euch geschrieben und ich sage euch, ihr könntet, wenn ihr in der selben Situation stecken würdet.
Für mich ist es kein Hexenwerk. Es gibt Menschen wie mich, die bei ihren Tieren eine Art Insel gefunden haben. Ein Zufluchtsort, wo man auch mal schweigen darf, mit einem Partner an der Seite, mit dem man unglaublich viel erlebt. Ich habe mir Jeany damals ausgesucht, ganz gezielt, sie war genau das, was ich mir schon immer gewünscht habe. Da fiel es mir gar nicht sooo schwer auf Turniere oder einen normalen Trainingsalltag zu verzichten. Ich wusste nach den Diagnosen zwar nicht abzuschätzen, was da in Wirklichkeit auf mich zukommen wird, aber ich wollte es unbedingt versuchen. Und auch wenn ich heute noch Tage habe, an denen ich aus Verzweiflung schreien und heulen könnte (und es natürlich auch manchmal tue) weiß ich, dass ich meine Insel niemals aufgeben werde.
Aktuell haben wir leider sehr große Schwankungen in Jeanys Befinden zu verzeichnen. Ich habe mir angewöhnt, ein Tagebuch zu führen und kann daran sehr deutlich sehen, dass es immer noch kein genaues Schema gibt. An den guten Tagen war ich viel ausreiten, wir haben die letzten Sonnenstrahlen im so goldenen Herbst sehr genossen und einige neue Strecken erkundschaftet.
Allerdings haben wir auch festgestellt, dass es scheinbar doch Dinge gibt, die ganz schön gefährlich sind! Jedenfalls für kleine, blonde Ponys…
Kennt ihr das? Man möchte vor der Dressurarbeit noch ne kleine Schrittrunde drehen, reitet also ganz lässig alleine vom Hof, der Zügel Kilometer lang, die Gedanken hängen noch dem letzten Seelenquark nach und plötzlich merkt man, wie sich unter einem jeder noch so kleine Muskel anspannt und ganz ruckartig, alle vier Ponybeine in den Boden gestemmt werden. Nichts bewegt sich. Der Kopf erreicht die Höhe einer Babygiraffe und die Ponykulleragen werden immer, immer größer und hören auf zu blinzeln. Man selbst scannt schon mit dem Ungeheuerblick die Umgebung ab, aber kann nichts Furchteinflößendes entdecken. Der Hund läuft also schon mal vor und bleibt mindestens genau so ruckartig stehen wie das Pony. Und auf ein Mal macht es „Muuuuuuuuuuuuuuuuuh“. Ah okay, der Feind ist also braun-gescheckt und hat keine Hörner, eigentlich gar nicht so gefährlich, also könnte man ja mal versuchen daran vorbei zu reiten. Zügel kürzer, Beine zu und ein mutiges „Nun stell dich nicht so an, die beißen nicht!“ und das Pony bewegt sich. Ca. eine halbe Pferdelänge, dann geht es in einem Affenzahn einige Meter Rückwärts um dann in bester Manier einen wundervollen Rollback hinzulegen. Ähm, okay. Umdrehen und nochmal versuchen. Aber keine Chance, da steckt scheinbar eine echte Kuh-Phobie dahinter. Pony wehrt sich, steigt und selbst nachdem man schon aufgegeben hat und weeeit weg von den ponyfressenden Kühen ist, trabt man immer noch Passage-artig zurück zum Stall und verkündet beim eintreffen in der Reithalle mit einem lauten Drachenschnaufer und aufgeblähten Nüstern, dass die Konzentration bei den Kühen geblieben ist.
Nach diesem kleinen Vorfall gab es natürlich ein bisschen Kuh-Nachhilfe und jede Menge Bodenarbeit an der Kuhwiese. Am Ende konnte Jeany immerhin schon grasen und nach knapp einer Woche konnte ich sie auch vorbei reiten. Was allerdings passiert, wenn wir mal Kühe im Gelände treffen, weiß ich nicht.
In der Dressur sind wir trotz einiger Lahmheitsphasen einen ganzen Schritt weitergekommen. Wir haben uns, mit großer Hilfe meiner lieben Trainerin, an den Außengalopp und die Seitengänge gewagt. Das klappt inzwischen auch schon ganz gut, auch wenn Frau Pony es natürlich lieber mag, wenn unser Training nicht ganz so anstrengend abläuft. Leider musste ich sie auch wieder scheren, das Fell glich dem eines Eisbären und war nach leichter Arbeit schon komplett durchnässt. Also musste ich in den sauren Apfel beißen, plage mich nun wieder mit den Grammzahlen der unzähligen Winterdecken rum und freue mich ganz heimlich, dass es endlich kälter wird. Ich mag den Winter – endlich nicht mehr so viel schwitzen! Bevor es so richtig kalt wird, hatte Jeany im November ihren jährlichen Kontrollbesuch bei unserer Dentistin, eine erneute Anpassung von unserem Sattel beim Sattler und eine Wellness-Behanldung bei unserer Osteopathin. Die Winterarbeit kann nun also wirklich starten!