Vor zwei Wochen habe ich beschlossen, dass ich mir den Zausel so nicht länger angucken kann und habe einen Termin in der Klinik vereinbart. Ziemlich genau eine Woche später hatten wir einen Termin und ich habe hier noch gar nicht so wirklich erzählt, wie der Termin gelaufen ist und was wir seit dem verändert haben, es wird dringend Zeit, das nachzuholen.
Der Zustand des Zauselchens war schon viel zu lange ganz schön schlecht und alle Maßnahmen, die ich so ergriffen hatte, zeigten keine Wirkung.
Irgendwann vor Weihnachten habe ich das Reiten ganz eingestellt, weil er mir so schlapp vorkam, dass ich mich nicht mal draufsetzen wollte. Zu dieser Zeit hegte ich bereits den Verdacht, dass Ursache seiner Mattheit die Lunge war.
Seit Jahren schon hat er eine RAO, kam damit aber eigentlich immer ganz gut zurecht. Natürlich gab es auch immer schlechtere und bessere Phasen, aber so im Großen und Ganzen war er recht stabil. So stabil, dass ich auf die dumme Idee kam, den Pferden Futterstroh anzubieten.
Der Zausel hatte seit Jahren keinen Kontakt mehr zu Stroh, weil seit dem letzten Jahr aber die Verdauung mit der ausschließlichen Gabe von Heulage nicht mehr so gut zurecht kam, wollte ich die Raufutterration gern um etwas Futterstoh aufwerten.
Die Pferde haben es auch gern gefressen und die positiven Auswirkungen auf die Verdauung ließen nicht lange auf sich warten.
Leider stellte sich eben mit der Zeit beim Zausel dafür aber eine deutliche Verschlechterung des Allgemeinzustandes ein.
Alle Versuche, dem entgegen zu wirken (Blutbild, Zusatzfutter, Sattel aufpolstern, Akupunktur, chinesische Kräuter, TA) zeigten keinen Erfolg und da das Futterstroh das einzige war, was sich in der letzten Zeit wirklich verändert hatte, bekam ich eben die Vermutung, dass dieses der Auslöser für seine Probleme sein müsste.
Also wurde das Stroh wieder vom Futterplan gestrichen und aus dem Paddock verbannt. Das war kurz nach Weihnachten. Es folgten einige Wochen des Abwartens, dass sich sein Zustand verbessern würde. Auch wenn ich mir erst eine leichte Besserung einbildete, war er nach Wochen des Abwartens Anfang Februar immer noch so schlecht drauf, dass ich weinen musste bei dem Anblick in ihn der Longierhalle seine müden Runden drehen zu sehen.
Von alleine wurde hier gar nichts besser und ich konnte mir das Elend nicht länger mit ansehen und vereinbarte einen Termin in der Klinik zum kompletten Check-up.
Ich wollte, das man das Pferd im Gesamten anschaut, sich nicht nur auf die Lunge beschränkt, vielleicht war das Problem ja doch ein anderes und es tat ihm etwas weh? Ich weiß eigentlich gar nicht so genau, warum ich immer noch daran zweifelte, dass es die Lunge ist, die ihm solche Probleme machte, es war eigentlich die ganze Zeit das Naheliegeste. Vielleicht weil seine Beschwerden nicht direkt eindeutig sind und die typischen Symptome nicht auftraten. Kaum Husten, normale Atmung, kein schnelles Pumpen nach Bewegung. Nur einfach vollkommen abgeschlagen, matt, träge und etwas steif. Außerdem kam das erst schleppend, irgendwann als sie schon längere Zeit Stroh zu fressen bekamen und hätte doch auch besser werden müssen, wo das Stroh nun schon seit Wochen wieder aus dem Paddock verbannt war!? Außerdem hatte ihn im Dezember noch eine TÄ abgehört und geäußert, dass sich die Lunge eigentlich ganz gut anhörte, konnte es da so schlimm sein? Vielleicht auch, weil ich genau wusste, dass die Diagnose eine langwierige Heilung und aufwändige Behandlung mitsich ziehen würde und ich irgendwie hoffte, dass es etwas anderes, leichteres sein könnte. Und wahrscheinlich war da auch ein bisschen Verdrängung der Schuldgefühle dabei, schließlich hatte ich ihm das alles mit der Strohfütterung angetan, sollte sich der Verdacht bestätigen.
Kurz bevor ich den Termin in der Klinik machte, warf noch eine TA, die gerade auf dem Hof war, einen schnellen Blick auf den Zausel und bestätigte, dass er nicht besonders gut lief, meinte er bräuchte hinten Eisen und eine Spritze in den Rücken und eine wärmere Decke und dann würde er wieder besser laufen.
Das fühlte sich so falsch an, dass ich noch am selben Tag einen Termin in der Klinik ausmachte, um diesem rumprobiere am kranken Pferd ein Ende zu setzen. Ich musste wissen, was da jetzt Sache ist.
Vor einer Woche gleich morgens früh um 9 Uhr hatten wir also einen Termin und fuhren bei herrlichen Winterwetter eine gute Dreiviertelstunde zur Klinik nach Appen. Der Zausel war in der fremden Umgebung natürlich aufgeregt und rief in einer Tour nach seinen zuhause gebliebenen Offenstallhomies. So ein brüllendes Pferd an der Hand kann ganz schön anstrengend sein, vor allem, wenn man gerade versucht dem Tierarzt zu erklären, warum man denn gekommen ist.
Zunächst wurde der Zausel auf hartem Boden gründlich gemustert, im Schritt, im Trab, gradeaus, in der Wendung, gebeugt und noch mal geradeaus.
Alles soweit unauffällig, war ja auch schon mal schön ist.
Dann ging es in die Halle, auf weichem Boden schauen wie er läuft. Natürlich zeigte er sich da erstmal ganz anders als zuhause, bockte direkt los, kaum dass ich ihn außen auf den Zirkel geschickt hatte. Er trabte die ersten Runden auch wirklich elanvoll und motiviert durch die Bahn, allerdings merkte man nach wenigen Minuten, dass er merklich nachließ und immer weniger kraftvoll die Füße hob, bis er dann eher schlurfte als trabte.
So konnte der Tierarzt sich zumindest einen ganz guten Eindruck von dem Problem machen und ich brauchte ihm gar nicht erst die Sequenzen auf dem Handy vorzuspielen, die ich extra zuhause aufgenommen hatte. Danach ging es dann noch mal abschließen auf harten Boden und dann in ein Behandlungszimmer wo noch mal der Rücken abgetastet und der Zausel abhört wurde.
Der Tierarzt fand ihn für sein Alter erstaunlich fit auf den Füßen und dafür dass er seit Dezember nicht mehr gearbeitet hatte auch erfreulich locker. Im Rücken hatte er ein paar Schmerzpunkte, aber die hielt er nicht für ursächlich für sein Problem und diese würden sich wahrscheinlich mit mehr Arbeit auch wieder geben oder man könnte sie zu gegebener Zeit noch mal behandeln lassen.
Jetzt allerdings hielt er vor allem die Lunge für den limitierenden Faktor und den Grund dafür, dass der Zausel so schlecht drauf war. Zwar hörte er sich beim Abhören nicht so dramatisch an, aber er vermutete, dass das umliegende Lungengewebe stark angeschwollen war und der Sauerstoffaustausch an den Lungenbläßchen so nicht richtig von Statten gehen konnte. Ein Problem, was wohl vor allem bei den chronischkranken Pferden auftaucht. Sind sie einem Allergen oder einer reizvollen Umgebung ausgesetzt, verdickt sich das Gewebe in der Lunge und behindert so die Lungenbläschen an der Ausdehnung.
Meistens gelingt es dem Körper nicht, aus eigener Kraft aus diesem Zustand heraus zu kommen, auch, wenn die auslösenden Stoffe längst entfernt wurden. Bei der Entwicklung des Zausels liegt es Nahe, dass das Stroh dieses auslösende Allergen war, hinzu kam noch ein ausverstehen gefütterter Heuballen anstatt Heulage, was dann in Kombination zum Fiasko in der Lunge sorgte. Obwohl wir beides schon vor Wochen wieder entfernt hatten, steckte der Zausel in dem chronischen Schub fest.
Klar ist aber auch, dass sich seine chronische Lungenerkrankung mit den Jahren immer weiter verschlechtern wird und der Verlauf nur abgemildert, nicht aber ganz aufgehalten werden kann. Es ist auch möglich, dass nicht der einzelne Auslöser Grund für seinen Zustand ist, sondern sich die Lunge mit der Zeit insgesamt so stark verschlechtert hat.
Da die Verschlechterung aber recht schnell von statten ging und er im Sommer noch ganz fit war, wir außerdem einen naheliegenden Auslöser haben, der zeitlich auch gut in den Verlauf passt, gehen wir aktuell davon aus, dass es tatsächlich das Stroh war, was alles ausgelöst hat.
Das wäre zumindest die angenehmste Ursache, dann stehen die Chancen nämlich gut, dass er nach der Gabe von Medikamenten und dem konsequenten fernhalten des auslösenden Strohs wieder ganz der Alte wird.
Damit das umliegende Gewebe in der Lunge schnell abschwillt und er wieder besser Luft bekommt, hat der TA ihm Kortison verschrieben. Er bekommt das zunächst über 3 Wochen jeweils morgens, zusätzlich noch VentiPlus als Schleimlöser und jeden Tag 30 min. inhalieren mit Kochsalzlösung.
Wir sind jahrelang ohne die Gabe von Kortison ausgekommen und ich bin da immer sehr vorsichtig mit gewesen. Er hatte auch in der Zwischenzeit mal schlechtere Phasen, die wir aber immer mit etwas Zeit, Akupunktur und Kräutern gut in den Griff bekommen haben. Maßnahmen, die dieses Mal alle nicht angeschlagen haben.
Da sein Zustand schon wirklich lange schlecht war und sich von allein auch gar keine Besserung einstellen wollte, habe ich mich dieses Mal recht schnell zu der Entscheidung durchringen können, ihm Kortison zu geben. Trotz aller möglichen Nebenwirkungen und berechtigten Bedenken bleibt es einfach ein hochwirksames Medikament und ich wollte dem Zausel schnellstmöglich Besserung verschaffen.
Seit zwei Wochen bekommt er nun das Kortison und zum Glück geht es ihm schon erheblich besser. Er bekommt langsam mehr Lust sich zu bewegen, trabt deutlich elanvoller durch die Halle und macht auch mal ein paar Runden ganz freiwillig und ohne dass man ihn dazu überreden muss. Zusätzlich scheint ihm der Schleimlöser in Kombination mit dem Inhalieren auch wirklich gut zu tun, zumindest löst sich tatsächlich ganz ordentlich was nach dem Inhalieren und er hustet kräftig ab. Erst beschränkte sich seine Bewegung auf ein bisschen tägliches Laufenlassen in der Longierhalle, damit er eben abhustet und den Kreislauf etwas in Wallung bringen kann. Eigentlich wollte ich dann anfangen ihn ausgebunden zu Longieren und die Interwalle etwas zu verlängern, um die Lunge wieder etwas zu trainieren und die Muskulatur langsam aufzubauen. Da die Longierhalle bei uns aber im Moment ständig belegt ist und außerdem schrecklich staubig ist, habe ich mich diese Woche zum ersten Mal seit mindestens 10 Wochen mal wieder auf seinen Rücken geschwungen und habe festgestellt, dass ihm die Bewegung unter dem Reiter doch besser gefällt als immer nur im Kreis zu laufen. Heute bin ich zum dritten mal geritten und er ist immer noch sehr motiviert bei der Sache, auch wenn ihm heute die Eiseskälte von -13 Grad über Nacht wieder etwas zu schaffen machte.
Ich bewege ihn so 15-20 min. in Trab und Galopp, große Linien und frisch vorwärts, einfach nur um überhaupt erstmal wieder in Wallung zu kommen. Natürlich ist er steif und etwas ungeschmeidig, aber die Hauptsache ist erstmal, dass er die Freude an der Bewegung zurück gewinnt und sich gesundheitlich erholen kann.
Nächste Woche bin ich eine Woche Skifahren, da werden meine Mutter und seine RB das Bewegungsprogramm für mich umsetzen und Mitte März haben wir dann noch mal einen Termin in der Klinik zur Kontrolle und sehen dann, wie es weiter geht.
Bis dahin entwickelt er sich hoffentlich weiterhin so positiv und wir können besprechen, wie man ihn am besten weiter aufbaut und wann man die Medikamente ausleiten kann.